Montag, 25. Mai 2015

Träume

Nun sind schon fast anderthalb Monate vergangen, seit ich in Roiffieux mit Gamin losgezogen bin.

 Nein, es ist nicht “als ob es gestern war.” Ein Phänomen dieser Reise ist die Verlangsamung der Zeit. 
Das im Lufe der Jahre immer schneller werdende Dahinrassen der Tage wurde gestoppt.
Gefühlt bin ich vor sehr langer Zeit aufgebrochen. Ich  habe Wochen gebraucht, um den Vercors zu überquren und bin ebenso lange durch das Drôme Tal gewandert.

Die Zeit ist  wieder so unendlich, wie die Distanzen riesig sind.
Das, was noch vor mir liegt kann ich schon gar nicht mehr erfassen. Es ist wie in der Kindheit, als “in zwei Monaten” Synonym für “Nie” war.


Ein Grund mag sein dass ähnlich wie in der Kindheit, keine Routine existiert. Jeder Tag ist neu, bringt neue Erfahrungen mit sich und verlangt die vollkommene Offenheit dem Unbekannten gegenüber.
Das Geschenk der verlagsamten Zeit, dieser neuen Ewigkeit, ist eine der beeindruckensten Aspekte meiner Pilgerfahrt.

Die kargen Berge zwischen St Pierre, Majastres und Palude sur Verdon haben wir überquert, die Verdon Schlucht und schliesslich die “Village perchés” -  Bargemon, Seillans, Tanneron - jene Dörfer, die in schwindelerregenden Höhen in den Hang gebaut sind und wo jeder Schtritt entweder aufwärts, abwärts - oder un den Abgrund führt. 

Jeder flache Quadratmeter der dem Steilhang abgerungen wurde, durch Terassenbau und Ausnutzung auch des kleinsten Vorsprungs, ist hier belegt. Jedes Fleckchen wird gepflegt und bewacht. Olivenbäume und Mimosen wachsen wischen klinen hölzernen Treppen, Steinen und Mauern. 

Eine eiganartige Welt zwischen mächtiger Natur und dem Schick der nahen Côte d’Azur.



Vieles was ich sehe, kenne ich so aus ganz alten Träumen. Sie ergeben nun Sinn.
 Die Unterkunft-Suche in diesen Dörfern zwischen Himmel und Erde zum Beispiel, Davon träumte ich vor über 25 Jahren. Ein Traum, er so beeindruckend war, dass ich sogar einen Comic darüber machte.
“North East Pass” hiess der und wurde in einer amerikanischen Anthologie veröffentlicht.
Wie lange ist das schon her! Und nun ist das Thema real geworden.

Überhaupt die Träume. Ich träume viel und intensiv, vergesse aber auch überdurchschnittlich viel wieder. Was daran liegt, dass das Aufwachen im Zelt doch weniger gemütlich ist, als zu Hause. 

Gamin und ich sind fast immer ein Hingucker. Aber nicht immer ist das angenehm. Wenn Autos neben mir abbremsen, damit mich die Insassen kommentarlos fotografieren können und dann weiterrrasen, fühle ich mich wie im Zoo.



Auch die ewigen “Oh, ist der aber schwer beladen” Ausrufe sind irgendwann ermüdend. 

In Bargemon schreckte eine Frau zurück als ich ihr sagte, dass es es eine Pilgerafahrt ist. Den Flyer das ich ihr entgegenstreckte um ihre zuvor penetranten Fragen zu beantworten, wies sie angewidert von sich. 
Erst die Erklärung, ich sei auf der Spur von Aldo Moro, erleichterte sie. Da strahlte sie wieder: “Ach so, ein Politiker, dann ist ja alles gut, ich will nur nichts von Marienerscheinungen und so hören”.

Das ist wirklich das erste Mal dass sich jemand erfreut zeigt, dass ich für einen Politiker pilgere...

Nur wenige Strassen weiter erlebte dann das exakte Gegenteil. Die Frau, die auf Gamin und mivh zukam, schien etwas in anderen Sphären zu leben. Sie fragte, ob sie Gamin streicheln dürfe. Es sei ihr prophezeit worden, dass wenn sie einen Esel streichle der nach Seillans zieht, sie Glück haben würde. Als ich ihr offenbarte, dass wir tatsächlich nach Seillans wollten, war sie ergriffen und glüklich. 

Niemand weiss, was genau hinter ihrem Erleben steckte. Es war eines dieser Geheimnisse des Südens, mit seinen steinernen Nischen, Heiligentafeln und Madonnen, die in der Mittagshitze träumen.  

Wo wir wieder bei den Träumen sind.
Natürlich träume ich viel von Aldo, auch von John F. 

Ich verstehe immer mehr, wie wichtig für Aldo Verbindlichkeit, Treue und Engagement sind. Oberflächlichkeit, Opportunismus und Beliebigkeit waren und sind im ein Greuel. In diesen -  aus seiner Sicht -  Untugenden, liegt auch die Erklärung für den Verrat an ihm begründet. Wenn er  überhaupt eine Erklärung finden konnte, Dann die.

Hat er erst verstanden, dass das Engagement für ihn ehrlich, aufrchtig und vor allem verbindlich ist, ist er bereit, sich ebenfalls stark und dauerhaft zu binden. 










5 Kommentare:

  1. Danke Diana für diesen Bericht. Das klingt alles so schön... Ich freue mich sehr, dass dir dieses positive Wohlwollen für Aldo entgegen kommt.

    AntwortenLöschen
  2. Hast Du auch gemerkt, dass sich Dein Tagesrhythmus verändert hat, weil Du mehr der Sonne folgst und nicht mehr dem künstlichen Licht? (Das finde ich immer so faszinierend, wenn ich zelten gehe.)

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ja! Ich folge dem Donnenlicht. Nur kurz am Abend kommt deune Quetschlaterne zum Einsatz

      Löschen
  3. Nun, ein klein wenig kann ich ja den Schreck vor religiösen Pilgern verstehen. Wer will schon gerne missioniert werden?
    Ich finde es gut, dass du dich vom Unverständnis anderer Leute nicht beirren lässt und einfach deinen Weg gehst - im wahrsten Sinne des Wortes.

    Liebe Grüße,
    Sefa

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Klar, verstehen kznn ich sie ja auch. Und aks ich ihr noch den flyer entgegenstreckte, sah es im ersten momrnt wirklich wachttutmaessig aus. :-)

      Löschen